Lawinenkunde im Sellrain

Langsam wird es kalt draußen. Die Bäume lassen ihre Blätter fallen und der Mond geht täglich früher auf. Langsam weicht das novemberliche Nebelweiß dem winterlichen Schneeweiß – im Sellrain ist es schon soweit. Dort ist die schönste Jahreszeit schon eingezogen und die Skitourensaison kann endlich beginnen.

Wir lieben den Bergwinter, doch er spielt auch nach seinen eigenen Regeln. Um sicher im Schnee unterwegs zu sein und das Lawinenrisiko zu minimieren, brechen wir mit Peter Drißl, Josef Obermaier und Manfred Kastelmeier am 22.11.2019 nach Haggen zur Lawinenkunde auf.

Los gehts mit einem abendlichen Brotzeitbuffet und einer theoretischen Einführung und Wiederholung zur Lawinenverschüttetensuche (LVS).

Der Wintergott meinte es gut mit uns, wir dürfen die Verschüttetensuche am nächsten Tag in 50cm Tiefschnee üben. In drei Gruppen laufen wir etwa 1h lang tiefer ins Tal und zu Füßen der schneebedeckten Gipfel wärmen wir uns auf. Das heißt wir durchwühlen die unberührte Schneefläche, es soll aussehen als ob eine Horde Wildschweine zu Besuch war. Die Verschüttetensuche soll schließlich nicht zu einfach sein.

In 2er-Teams üben wir die Einfachverschüttung, erst ganz entspannt und dann unter Druck. Schnell wird klar, warum die Feldübung so wichtig ist. Wir verlieren wertvolle Sekunden, weil die LVS-Ausrüstung tief im Rucksack und unter unzähligen Lagen Kleidung verborgen ist, weil wir unsere Geräte nicht genau verstehen und weil wir zu Fuß bis zur Hüfte im Schnee stecken. Anschließend üben wir die Mehrfachverschüttung. 3h später sind wir fix und foxy, und um Einiges schlauer. Bei der Theorie zur Tourenplanung werden wir heute Abend besonders gut aufpassen, weil Eines ist Allen klar geworden – man braucht einen sehr guten Schutzengel um eine Lawine im Ernstfall zu überleben, rechtzeitig gefunden und ausgegraben zu werden.

Wir fahren zurück zur Hütte, wo die Ersten schon eine Schneehöhle gebaut haben. Mit dieser Höhle werden wir testen wie sich unterschiedliche Untergründe wie Mensch, Rucksack oder Erdboden mit der Sonde anfühlen. Anschließend wird nochmal eine Mehrfachverschüttung geübt. Jeder einzelne muss drei bis vier “Verschüttete” mit dem LVS-Gerät finden.

Nach dem Abendessen setzen wir uns mit der Tourenplanung für unsere Skitour zum Wetterkreuz auseinander. Josef und Manfred erklären uns wie man den Lawinenlagebericht liest und anwendet, welche Informationen wann wichtig sind und wo man diese findet.

Mit einer ausführlichen Tourenplanung im Gepäck starten wir am nächsten Tag zur ersten Skitour des Jahres. Wir sind wieder in 4er Gruppen unterwegs und lernen wie man z.B. Trieb- und Gleitschnee erkennt, wo man Checkpoints sinnvoll setzt, wie man die Gruppe sicher und motivierend aufbaut und wie man die Route möglichst risikofrei wählt. Eine Gruppe möchte speziell Spitzkehren üben und Peter hat seine wahre Freude – gefühlte 1000 Spitzkehren später kommen auch sie sichtlich platt am Gipfel an.

Bei der Abfahrt halten wir, um ein Schneeprofil zu graben. Wir können sehen, dass sich der Schnee bereits gut gesetzt hat und nur die Verbindung zum Boden als Schwachschicht betrachtet werden kann. Doch wir lernen auch, das ein Schneeprofil eine sehr punktuelle Betrachtungsweise ist und keine Aussagekraft für den ganzen Hang hat.

Damit ist die Unterrichtszeit vorbei und wir genießen die Abfahrt ins Tal.

Vielen Dank für die spannenden, lustigen und lehrreichen zwei Tage – wir werden eure Worte im Kopf behalten!

Antonia Rüede-Passul, 27.11.2019

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