NEU: Kraut des Monats (2)

Schneerose/ Christrose/ Schwarze Nieswurz (Helleborus niger)

Der Winter ist keine Jahreszeit für Blumen, sollte man meinen. Und doch kann man in den Buchenwäldern der Ostalpen eine Pflanze finden, die mitten im tiefsten Winter ihre Blüten au der Erde streckt. Das ist die Schneerose, die wegen ihrer oft schon um Weihnachten beginnenden Blüte auch Christrose genannt wird. Ihren dritten Namen Schwarze Nieswurz hat sie von ihrer schwarzen Wurzel, die als Pulver geschnupft zu heftigem Niesen führt.

An einer Pflanze, die mitten im Winter blüht, muss etwas Besonderes dran sein, haben sich die Menschen wohl schon vor Urzeiten gedacht und so gibt es wenige Pflanzen, denen so viele Kräfte zugeschrieben werden, wie der Nieswurz. Obwohl sie stark giftig ist, wurde sie bis in die Neuzeit als Heilmittel eingesetzt. Die Giftstoffe führen zu Erbrechen, Durchfall und Schwitzen, deshalb galt sie als äußerst wirksames Reinigungsmittel. Mit ihm wurden Krankheiten verschiedenster Art ausgetrieben, außerdem schlechte Säfte, Würmer und Schlangengifte. Auch für Abtreibungen wurde die Nieswurz verwendet, allerdings sehr oft mit tödlichem Ausgang.

Das Niespulver aus der getrockneten Wurzel wurde im Mittelalter gegen Schlaganfall eingesetzt. Nach dem Niesen, glaubte man, sei man 24 Stunden gegen Schlaganfälle geschützt. Auch sollten beim Niesen böse Geister den Körper verlassen. Aus diesem Grund gab man das Pulver auch Besessenen und Wahnsinnigen zum Schnupfen.

Auch bei Krankheiten des Viehs wurde die Nieswurz als Heilmittel eingesetzt. Den kranken Tieren steckte man entweder ein Stück Wurzel in den Schlund oder zog ihnen ein Haarseil durchs Maul, das vorher mit der Wurzel bestrichen worden war. In Frankreich hängt man bis heute ein Stück Wurzel in den Stall, um die Tiere vor Krankheit und vor dem bösen Blick zu schützen.

Wie bei allen mächtigen Zauberpflanzen gab es auch für das Ernten der Nieswurz strenge Regeln. Wer sie ausgraben will, muss zuerst einen Kreis um die Pflanzen ziehen und vorher Knoblauch gegessen haben, damit die Ausdünstungen der Pflanze ihn nicht schläfrig machen. Niemals darf man die Wurzel mit einer Schaufel aus Metall ausgraben, sondern am besten mit einem Hirschgeweih und nur mit der linken Hand bei Sonnenaufgang. Und ganz wichtig: Auf keinen Fall darf einem dabei ein Adler zuschauen, sonst hat man nur noch ein Jahr zu leben!

Weil die Behandlungen mit Nieswurz bei falscher Dosierung oft tödlich verliefen, wird sie heute nicht mehr medizinisch verwendet. Nur in der Homöopathie wird sie noch als Mittel gegen Melancholie und Depressionen angewendet. Bekannt und beliebt ist die Nieswurz heute vor allem als Gartenpflanze. In zahlreichen Sorten mit Blütenfarben von weiß bis dunkelrot kann man mit ihr auch im Winter schon die ersten Blüten in den Garten bringen.

Wer eine wild wachsende Nieswurz findet, sollte sie bitte auch dann nicht ausgraben, wenn ihm kein Adler zusieht, denn die Nieswurz steht unter Naturschutz und ist auf der Roten Liste als gefährdet eingestuft.

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