NEU: Kraut des Monats (5)

Hirschzungenfarn (Asplenium scolopendrium)

Unter einem Farn stellt man sich eigentlich etwas anderes vor: Große, mehr oder weniger fein gefiederte Wedel, die in schneckenartigen Kringeln aus der Erde sprießen. Der Hirschzungenfarn aber sieht aus wie- naja, irgendwelche langen Blätter halt. Dass es sich dabei wirklich um einen Farn handelt, wird erst klar, wenn man auf der Rückseite die langgestreckten dunklen Sporenlager sieht, mit denen sich die Farne fortpflanzen.

Der Hirschzungenfarn kommt in Deutschland unter anderem im Voralpenland und den Alpen vor, ist aber so selten, dass er auf der Roten Liste geführt wird. Seine Seltenheit hat wohl auch damit zu tun, dass der Hirschzungenfarn sehr hohe Anforderungen an seinen Standort stellt. Er wächst auf Kalkböden an feuchten, schattigen Stellen. Besonders gern bewächst er in nährstoffreichen Schluchtwäldern unter Esche, Ahorn und Linde. Manchmal findet man ihn auch an feuchten Mauern oder in Brunnenschächten.

Wer den Hirschzungenfarn in der Natur nicht findet, kann auch in einer Gärtnerei nach ihm suchen. Es gibt verschiedene Zierformen für den Garten, die zum Beispiel gewellte oder gekräuselte Blattränder haben.

Wie alle Pflanzen, die selten und irgendwie besonders sind, wurden auch dem Hirschzungenfarn viele wundersame Fähigkeiten zugeschrieben. Er galt seit der Antike als Heilmittel für Milz und Lunge und sollte gegen Gelbsucht, Durchfall, Schluckauf und den Biss giftiger Tiere wirken. Eine stärkende Wirkung auf die Lunge konnte in klinischen Versuchen tatsächlich nachgewiesen werden.

Auch magisch hat die Hirschzunge einiges zu bieten. Wer die Pflanze bei sich trägt, soll vor Verzauberungen geschützt sein. Hildegard von Bingen schreibt, die Kraft der Pflanze sei so groß, dass sogar der Teufel vor ihr fliehen würde. In alten Gerichtsakten ist zu lesen, dass ein Beklagter in Linz sieben Farnsamen für je einen Reichstaler verkauft habe, die ihren Träger vor Gefahren auf Reisen schützen sollten. Der botanisch interessierte Mensch wird jetzt fragen: Moment mal, Samen? Aber Farne haben doch keine Samen. Die vermehren sich doch über Sporen! Aber alte Legenden kümmern sich in der Regel nicht darum, was Botaniker sagen. Einfach zu finden ist so ein Farnsamen natürlich nicht: Zuerst muss man eine Pflanze finden, die an einem Kreuzweg wächst. In der Johannisnacht muss man dann sieben Kreuze aus grünen Holunderzweigen im Kreis um den Farn stecken, sich ausziehen und die Kleider unter der Pflanze ausbreiten. Das ganze bitte in völligem Schweigen! Um Mitternacht sollte der Farn dann, wenn man alles richtig gemacht hat, zu blühen anfangen und die Samen auf die ausgebreiteten Kleider ausstreuen. Dem Finder bescheren die Samen Glück und Reichtum. Also viel Erfolg beim Suchen!

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