Kraut des Monats (3/25)

Allermannsharnisch (Allium victorialis)

Frühlingszeit ist Bärlauchzeit, die Zeit also, in der Freunde der gepflegten Wildkräuterküche mit Körben und Schüsseln in die Wälder pilgern und das junge Grün einsammeln (das hoffentlich auch wirklich Bärlauch ist und nicht Maiglöckchen, Herbstzeitlose oder Aronstab). Kaum einer weiß aber, dass der Bärlauch noch einen zwar größeren, aber vergleichsweise unbeachteten Verwandten hat: Den Allermannsharnisch.

Der Allermannsharnisch kommt in den Gebirgen Europas und Asiens von den Pyrenäen und Alpen bis zum Ural und dem Altaigebirge vor. Er wächst auf Wiesen- und Felshängen in Höhenlagen zwischen 1000 und 2600 Metern. Im Frühjahr sprießen die jungen Blätter, die dem Bärlauch recht ähnlichsehen. Sie sind 10-20 cm lang und, wie es die Botaniker ausdrücken, lanzettlich bis elliptisch geformt. Ab Juni erscheinen dann die weißen Blüten, die typisch für Lauchgewächse in kugeligen Dolden an einem Stängel wachsen, der beim Allermannsharnisch bis zu 60 cm hoch werden kann.

Seinen etwas martialischen Namen verdankt der Allermannsharnisch seiner Zwiebel. Diese ist außen mit einer netzartigen Hülle überzogen, die an ein Kettenhemd erinnert. So wurde aus dem mittelgroßen Lauchgewächs ein gesuchtes Schutzmittel, das ganz allgemein gegen Wunden, Unfälle und Zauberei eingesetzt, aber vor allem von Soldaten als Schutzamulett getragen wurde, eben als ein Harnisch für jedermann. Sogar zu literarischem Ruhm hat es der Allermannsharnisch gebracht, denn in Hans Jakob von Grimmelshausens „Simplicissimus“ aus der Zeit des Dreißigjährigen Kriegs wird er als Schutzmittel gegen Verwundungen angepriesen. Die Alraune mit ihrer menschenähnlichen Wurzel kennt dank der Harry-Potter-Bücher jeder. Doch auch vom Allermannsharnisch gab es menschenförmige Wurzelamulette, die aber meist nicht natürlich gewachsen, sondern mit dem Messer geschnitzt, teilweise sogar mit Kleidung versehen waren. Wer so einen Glücks-Heinzel um den Hals trug, dem verlieh es Glück in der Liebe und im Spiel und schützte gegen Schlangengift und Schadenszauber.

Wer unachtsam am Allermannsharnisch vorbeigeht, kann ihn leicht für einen etwas zu groß geratenen Bärlauch halten. Und nicht nur äußerlich, sondern auch geschmacklich ist der Allermannsharnisch mit seinem milden Knoblaucharoma dem Bärlauch sehr ähnlich. In der Küche können die jungen Blätter ebenso verwendet werden, z. B. in Pesto, Suppen oder Kräuterbutter. In der Volksmedizin gilt er wie der Bärlauch als blutreinigend und entschlackend und wird gern für Frühjahrskuren eingesetzt. Und weil Menschen wohl nur glücklich sind, wenn sie irgendetwas zu Alkohol verarbeiten können, gibt es sogar einen Schnaps, der aus Blättern und Wurzeln gebrannt wird (Zumindest behauptet das das Internet. Gesehen oder gar probiert habe ich noch keinen).

Text: Annemie Kastlmeier
Bilder: Wikipedia

 

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