Kraut des Monats (2/25)

Gewöhnliche Kuhschelle (Pulsatilla vulgaris)

Im zeitigen Frühjahr, wenn der Schnee sich langsam von den Wiesen zurückzieht, sprießt an manchen Stellen eine hübsche, doch heute leider sehr selten gewordene Blume aus der Erde. Die Kuhschelle verdankt ihren Namen ihren Blüten, die halb geöffnet der Form einer Kuhglocke ähneln. Ihr recht bekannter Zweitname Küchenschelle hat nichts mit einer häufigen Verwendung in der Küche zu tun, sondern ist einfach eine Verkleinerungsform für die Kuh. Eigentlich müsste er also Kühchen geschrieben werden.

In der Küche sollte man die Kuhschelle tatsächlich gar nicht verwenden, denn erstens ist sie streng geschützt und zweitens ausgesprochen giftig. Schon der Hautkontakt genügt, um Hautreizungen zu verursachen. Man sollte die Kuhschelle also wirklich nur mit den Augen genießen.

Eine reine Alpenpflanze ist die Kuhschelle eigentlich nicht. Sie wächst überall da, wo sie trockene, sonnige und sommerwarme Magerrasen findet, ob im Gebirge oder im Flachland. Durch Überdüngung und intensive landwirtschaftliche Nutzung ist ihr Lebensraum aber so stark zusammengeschrumpft, dass sie in den meisten Bundesländern heute als vom Aussterben bedroht gilt.

Dass die Kuhschelle eine Pflanze trockener Standorte ist, sieht man ihr auch an, denn die Hüllblätter, die die zarten violetten Blüten umhüllen, sind dicht mit kleinen Härchen bewachsen, die Schutz vor dem Austrocknen bieten. Während der Blüte erreicht die Kuhschelle gerade einmal eine Höhe von 15 cm, im Lauf des Sommers kann der Blütenstand bis zu 40 cm hoch werden. Die Wurzel dieses zarten Pflänzchens reicht dagegen bis zu einem Meter tief in die Erde und kann so Wasserreserven anzapfen, an die andere Pflanzen nicht herankommen.

Aber Vorsicht: Wer beim Bergsteigen eine Pflanze findet, die wie eine Gewöhnliche Kuhschelle aussieht, muss nicht unbedingt eine Gewöhnliche Kuhschelle vor sich haben. Es könnte sich auch um die Große Kuhschelle (Pulsatilla grandis), die Berg-Kuhschelle (Pulsatilla montana), oder sogar um die Innsbrucker Kuhschelle (Pulsatilla vulgaris subsp. oenipontana) handeln, eine Unterart der Gewöhnlichen Kuhschelle, die nur am Fuß der Südhänge des Karwendels vorkommt. Wer sich von so vielen Arten etwas überfordert fühlt, keine Sorge! Selbst die Botaniker sind sich nicht einig darüber, ob die Große Kuhschelle nun eine eigenständige Art ist, oder nur eine Unterart der gewöhnlichen Kuhschelle.

Die Kuhschelle erfreut sich seit einiger Zeit auch als Zierpflanze großer Beliebtheit. Wem die Suche nach dieser seltenen Blume in freier Natur zu mühsam ist, der kann sie sich auch einfach in den Garten pflanzen, und das auch noch in verschiedenen Blütenfarben. Sich die Kuhschelle in den Garten zu pflanzen mag wohl noch angehen. Ob man sie aber ins Haus stellen will, sollte man sich doch gut überlegen, denn wie ein alter Volksglaube sagt: Wer sich die Kuhschelle ins Haus holt, dem ersticken die jungen Gänse in den Eiern. Andererseits: Wer hält heutzutage schon noch Gänse?

Text: Annemie Kastlmeier
Bilder: Canva

 

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