Kraut des Monats (11/25)

Schwalbenwurz-Enzian (Gentiana asclepiadea)

Wenn in den Bergen die Blätter sich golden färben, der erste Nebel durch die Täler kriecht und das Röhren der Hirsche über die Almen dringt, gibt es nur noch wenige Pflanzen, die dem nahenden Bergwinter zum Trotz ihre Blüten offenhalten. Zu diesen wenigen gehört auch eine der zahlreichen Enzianarten, die die Alpen bevölkern. Der Schwalbenwurz-Enzian blüht von August bis Oktober und wird, weil seine Blütezeit sich mit der Zeit der Hirschbrunft überscheidet, auch Hirschbrunft-Enzian genannt. Nach der Schwalbenwurz ist er benannt, weil seine Blätter, die gegenständig an langen Stängeln sitzen, denen der Schwalbenwurz ähnlichsehen. Sobald die Pflanze einmal blüht, ist eine Verwechslung aber ausgeschlossen, denn die blauen, glockenförmigen Blüten erkennt auch der botanische Laie eindeutig als Enzianblüten.

Bis zu drei Blüten sprießen jeweils aus den Blattachseln im oberen Bereich des Stängels, der 30 bis stolze 100 cm hoch werden kann. Nicht nur für Bienen und Hummeln bietet der Schwalbenwurz-Enzian spät im Jahr noch eine wichtige Nahrungsquelle. Von seinen leben auch die Raupen von zwei Schmetterlingsarten mit den klangvollen Namen Lungenenzian-Ameisenbläuling und Enzian-Alpen-Blattspanner.

Zu finden ist der Schwalbenwurz-Enzian in den Gebirgen Süd-, Ost-, West- und Mitteleuropas (also überall außer im Norden), wo er auf bis zu 2200 Meter Höhe klettern kann. Er bevorzugt feuchte Kalkböden und wächst unter anderem auf Feuchtwiesen, Flachmooren und an feuchten Waldrändern. Leider ist er mittlerweile als gefährdet eingestuft, was unter anderem an der intensiven Beweidung seiner bevorzugten Lebensräume liegt.

Wie bei allen Enzianen schmeckt auch die Wurzel des Schwalbenwurz-Enzians ausgesprochen bitter. Rein theoretisch könnte man auch aus ihr einen Enzian-Schnaps brennen, in der Praxis sollte man auf das Sammeln der Wurzeln aber lieber verzichten, denn der Schwalbenwurz-Enzian ist wie alle Enzianarten- na, was haben wir gelernt? Richtig: Geschützt. Auch auf die in der Volksmedizin praktizierte Anwendung als Tollwutmittel sollte man aus diesem Grund verzichten (und vielleicht auch ein kleines Bisschen, weil man bei Verdacht auf eine Tollwutinfektion auf geradem Wege ins Krankenhaus rennen sollte, statt mit Enzianwurzeln herumzudoktern).

Wer auf den Schwalbenwurz-Enzian trotzdem nicht verzichten will, kann ihn sich auch als Zierpflanze in den Garten holen. Dort kann man ihn dann unbesorgt als Schnapszusatz verwenden. Angeblich soll er auch Hexen fernhalten können und bei Kühen und anderem Nutzvieh Klauenerkrankungen verhindern. Bei Tollwutverdacht empfehle ich trotzdem dringend den Gang zum Arzt.

Text: Annemie Kastlmeier
Bilder: pixabay, canva

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