Gewöhnlicher Wasserdost
(Eupatorium cannabinum)
Zugegeben, eine klassische Gebirgspflanze ist der Wasserdost nicht, kommt er doch in ganz Europa und bis nach Zentralasien vor. Aber da er nährstoffreiche, feuchte Standorte bevorzugt, ist er in den Gebirgen sehr häufig zu finden. Er wächst auf feuchten Wiesen, an Bächen und auch an Wegrändern, wenn der Boden dort ausreichend feucht ist. Wer den Wasserdost in voller Pracht erleben will, sollte beim nächsten Aufstieg zur Setzberghütte einmal den Blick zum Wegrand richten.
Der Wasserdost erreicht teilweise stattliche Höhen zwischen 50 und 175 cm. Von Juli bis September erscheinen auf den kräftigen Stängeln Büschel von hellrosa Blüten, die ein wenig an den Echten Dost erinnern. Und meistens sitzt wie zur Verzierung auf diesen Blüten irgendwo ein Schmetterling. Für Schmetterlinge ist der Wasserdost nämlich eine Art Schlaraffenland. Er liefert große Mengen Nektar und Pollen zu einer Zeit im Jahr, zu der die meisten anderen Blumen das Blühen schon aufgegeben haben, und in seine breiten Blütenkelche kommen auch Schmetterlingsarten mit kurzem Saugrüssel hinein. Einem Schmetterling hat der Wasserdost sogar den Namen gegeben, nämlich der Wasserdost-Goldeule, deren Raupen besonders gern Wasserdostblätter fressen.
Ein anderer Name für den Wasserdost ist Wasserhanf, auch der lateinische Name `cannabium´ lässt an den Hanf denken. Wer aber jetzt im Wasserdost verborgene hanfähnliche Inhaltsstoffe erwartet, der wird leider enttäuscht, denn die Ähnlichkeit mit dem Hanf ist rein äußerlich und bezieht sich nur auf die handartig gefiederten Blätter.
Seine enge Verbindung zum Wasser machte den Wasserdost früher zu einer wichtigen Pflanze für verschiedene Regenzauber. Wenn der nächste Sommer mal wieder trocken werden sollte, ist das folgende Ritual ja vielleicht eine Lösung: Eine junge (oder jung gebliebene) Frau muss nackt zum nächsten Wasserdost gehen, ihn mit dem kleinen Finger der rechten Hand pflücken und an den rechten kleinen Zeh binden. Dann muss sie zum nächsten Bach gehen, hineinsteigen und den Wasserdost fortschwimmen lassen. Und auch wenn ich einen Teil der Leser wieder enttäuschen muss: Männer sind bei dem Ritual nicht zugelassen.
Text und Bilder: Annemarie Kastlmeier