Hochtourenkurs am Gepatschhaus

Bevor wir unseren Pickel überhaupt schwingen durften, hieß es zittern, dass der Kurs kein Coronaopfer werden würde. Dank des Einsatzes von Sepp und Jens durfte er stattfinden. Unsere Packliste erweiterte sich nur unmerklich, denn Schlafsack, Community Maske und Hüttenschuhe gehörten noch zusätzlich dazu. Luxus, denn zu dieser Hütte ging es direkt mit dem Auto. Und auch mein Mini Peugeot schnaufte sich ganz wie ihre Besitzerin den Anstieg nach oben. Am Abend hieß es erstmal Knoten-Origami: Und so wickelten wir bis spät in die Nacht Mastwurf, Bremsknoten, Halbmastwurf, Achterknoten, Schleifknoten und auch mal einen Stand als Trockenübung, alles was Mann oder Frau am Berg so braucht.

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Am nächsten Tag vergaß Petrus eindeutig seine Dusche abzustellen, es schüttete und ein Ende war nicht absehbar. Und nun? Spaltenbergung geht auch ohne Gletscher, dafür soll ein paar Balken eines Carports reichen. Und so hievten wir uns reihenweise bis unter den Balken. Faszinierend, denn alles geht mit einfachen Prusikknoten am Seil. Technik für Hüft-Legastheniker wie mich, gab es, Gott sei Dank, auch, das Zauberwort hieß Mikrotraktion. Langsam wurden wir reichlich ungeduldig, uns war es inzwischen völlig wurscht, ob es nun regnet oder nicht, unsere Sehnsucht galt dem Gletscher. Sepp und Jens waren schnell zu überzeugen und verstanden, das uns am Nachmittag nichts mehr bremsen konnte. Nach 2 Stunden tat er sich endlich vor uns auf. Eis soweit das Auge reicht, auch wenn inzwischen vom ewigen Eis nicht mehr die Rede sein konnte, denn dieser schmilzt Zusehens jedes Jahr um 30 m. Aber je höher man schaute desto mehr läßt sich erahnen, das ist eine völlig andere Welt. Mit Steigeisen, mehr oder weniger unter den Füßen geschnallt, machten wir alle unsere ersten Gehversuche, das Gangbild hatte etwas vom Cowboy der den Salon betreten wollte, doch mit wenig Krafteinsatz stand man recht stabil, sogar auch im steileren Gelände. Letztlich lernten wir, das auch der Pickel kein Instagram Gipfelgadget ist, sondern zum Gehen und als Fallbremse nützlich sein kann. Genug Denkfutter, die Hütte ruft, das Loch im Magen ließ sich kaum noch überhören. Schließlich soll es ja Morgen Sonne geben, das haben wir uns verdient. Dazu musste ich untern den strengen Augen von Maxi mein Essen komplett verspeisen, sicher ist sicher.

Endlich Gletscherday, heute wird mich irgendeiner direkt in Spalte werfen und ich hoffe sie holen mich da auch wieder raus. Aber nichts geht über die wirklich ruhigen Worte von Sepp: „Bisher haben wir noch keinen dagelassen.“ Ran an die Spickes, hoch zur Spalte und rin mit mir. Das nächste Gesicht was ich sah fragte mich nur kurz wie es mir geht: Na gut recht warm hier, war meine knappe Antwort. Ziel war mich mit Mannschaftszug da raus zu holen. Plötzlich ein Ruck und ich bremste mit der Nase am Gletscher und gut 2 m höher als vorher. Hoppla, nächstes Mal streiche ich euer Frühstück, zu viel Power ist ungesund. Mit dieser Technik biste schneller draußen als du denkst, durchaus beruhigend. Als nächstes stand die lose Rolle auf dem Plan, gedacht für eine Seilschaft von 3 Personen. Mit wenig Knoten, die sich im immer wiederholten war auch dies recht einfach zu handhaben und einer nach dem anderen tauchte aus der Spalte wieder auf. Langsam neigte sich auch dieser Tag dem Ende mit vielen Eindrücken, einem leichten Sonnenbrand und die Begeisterung zum Gletscher kehrten wir schon fast traurig zur Hütte zurück. Cool wäre jetzt nach ein echter Gletscher-Gipfel, und der kommt für uns alle bestimmt. Bei Kaffee und Kaiserschmarrn stellte sich maximal noch die Frage, ob mein Auto auch den Abstieg schafft, klar Kleinigkeit.

Ein tolles Wochenende bleibt in Erinnerung und ein super tolles Lehrteam aus Sepp und Jens, dass sich wahrlich nicht besser hätte ergänzen können. Es blieben keine Fragen offen, viele Geschichten nehmen wir mit und manchmal auch die Erkenntnis, in der Ruhe liegt die Kraft und im Zweifel hilft immer Kaffee. Mir bleibt nur noch Danke zu sagen: Für die Orga in Zeiten von Corona, für die Ruhe und Gelassenheit, für das Wissen, was wir mitnehmen und für die Begeisterung einer ganz eigenen Bergwelt: Die Gletscher.

Isabel

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