Einmal Karwendel, immer wieder Karwendel

Einen Tag vor unserer 3-Tages-Wanderung im Karwendel treffe ich Wanderleiter Ulrich Kias. „Hat Andrea die Tour wegen Schlechtwetter abgesagt?“ fragt er. „Warum sollte sie? Wir sind doch mit allen Walser Wassern gewaschen“, antworte ich, in Anspielung auf Andreas 3-Tages-Tour im Kleinwalsertal vor zwei Jahren. Auch Ulrich war mit von der Partie. Trotz zweier Tage Dauerregen und übervollen Bachläufen, die wir queren mussten, hatte uns die gute Laune nie verlassen. Von derartigen Herausforderungen waren wir diesmal weit entfernt und mit Angelika, Florian, Matthias und Andrea zudem eine zähe und positiv motivierte Truppe.

Nass wurde es zum ersten Mal allerdings schon in der Bahn, als Angelikas Trinkblase im Rucksack ausgelaufen war und die Kleidung eingeweicht hatte. Zeit, die einzelnen Teile rundum zu verteilen und an der Lüftung zu trocknen. Gewusst wie! Die Fahrt von Freising über München und Lenggries bis Hinterriß war schließlich lang genug. Vor Ort bot das Karwendel bei bester Sicht alles auf, was es konnte. Der Aufstieg durch den Wald, und die immer fotogener werdenden Ausblicke auf die Felsriesen, waren mehr als eindrucksvoll. Die Kühe auf der Hochalm führten uns vor, was Gleichmut bedeutet (… stets ruhend, mal muhend, mal kauend, mal schauend – ob es bis zum Abend noch weit …) Nach knapp vier Stunden war die Tölzer Hütte erreicht. Erst kürzlich renoviert ist sie ein Kleinod – mit viel Holz und Glas, großzügigem Thekenbereich und einsehbarer Küche sowie einem Rundum-Blick auf das Nördliche Karwendel (Delpsjoch, Lalidererspitze, Lalidererwände, Birkkarspitze, Falkenhütte). Schwer zu sagen, ob das Panorama vor der Hütte oder vom Speisesaal aus atemberaubender ist.

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Doch es zog uns noch zum Gipfelsturm Richtung Schafreuter. Diesmal hätten wir dem Wetterbericht trauen sollen. Nach einer halben Stunde brach ein Gewitter los mit Hagelkörnern, die blitzschnell größer wurden. Aua, das tat weh auf den nackten Armen. Wir flüchteten uns unter eine Latschengruppe, um bei nächster Gelegenheit über das zur Schmierseife gewordene Gestein und die gefluteten Serpentinen-Wege zurück zur Hütte zu hasten. Diese nahm uns tropfnass auf, top organisiert, mit leckerem Essen und aufmerksamem Service.

Nach einer Regennacht haben wir uns von der Idee verabschiedet, über den vermutlich matschig-rutschigen Grasbergkamm zur Plumsjochhütte zu wandern. Begleitet von einem Rudel Gämsen nebst Gamskindergarten und einem Regenschauer sind wir nach Hinterriß abgestiegen, um nach einer Stippvisite am Großen Ahornboden und in der Eng zur nächsten Hütte aufzusteigen. Mein Rücken machte sich schmerzhaft bemerkbar, Florian bot seine Hilfe an und stieg mit zwei Rucksäcken behängt auf. Das schien dem frisch gekürten Korbiniansbären wenig auszumachen. Was die Leute bloß immer mit Problembären haben … Und: man müsste noch mal 28 sein. Danke Flo😊

Die privat bewirtschaftete Plumsjochhütte unterscheidet sich sehr von der Tölzer Hütte. Sie ist klein, mit viel Krimskrams und Patina, urig und urgemütlich. Die gute Stube wird von Wildtieren (Marder, Wiesel, Murmeltier u.a.) und Geweihen bevölkert, der Blick aus dem ‚Plumsklo‘ ist bärig und das Dach des Schuppens mit Dachwurzen bepflanzt, die in Bergstiefeln residieren. Es machte den Anschein, dass sich hier oben schon ganze Generationen die Hacken abgelaufen haben. Wir ließen uns bei den netten Wirtsleuten Zirbenschnaps und Hirschgulasch aus dem eigenen Jagdrevier schmecken, sogar eine Wärmflasche für mich war im Hausstand. Und wir freuten uns auf den nächsten Tag. Bestes Wetter sollte uns auf dem Abstieg nach Pertisau, der Schifffahrt zur Gaisalm und auf dem Mariensteig längs der Westseite des Achensees begleiten. Wunderbare Ausblicke und ein Badestopp waren gratis. Fazit: Sag eine Tour nicht gleich ab, nur weil die Wetter-App Regen anzeigt – du könntest das pure Leben verpassen: visuell, atmosphärisch, interaktiv, kulinarisch. Danke Andrea für deine – wie immer – vorbildliche Planung und einfühlsame Führung. Gerne wieder.

Elisabeth Melzer

 

 

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